Ein Meilenstein gegen Malaria

09.11.2017

Der Malariaparasit bedient sich eines wirkungsvollen Tricks: Er forciert die Übertragung von Mensch zu Mensch, sobald die Bedingungen im Wirt schlechter werden. Ein internationales Forschungsteam unter Mitwirkung des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts hat das Molekül entdeckt, das eine Schlüsselrolle bei diesem Prozess spielt. Die wissenschaftliche Arbeit ist heute im renommierten Fachjournal «Cell» erschienen.

Übertragungs-Stadien des Malariaparasiten im Blut.

Malariaparasiten sind so gefährlich wie virtuos. Sind sie einmal im menschlichen Blut, vermehren sie sich exponentiell. Die Blutstadien verursachen sämtliche Komplikationen, die mit dieser verheerenden Krankheit verbunden sind.

Eine ungehemmte Vermehrung dieser asexuellen Formen wäre jedoch für den Parasiten fatal: Er muss nämlich zum nächsten Menschen übertragen werden, bevor die Ressourcen seines derzeitigen Wirtes erschöpft sind. Deshalb  geht der Parasit vom asexuellen in ein sexuelles Stadium über. Nur diese sogenannten Gametozyten können die Malariamücke  infizieren und somit die Übertragung der Parasiten auf andere Menschen sicherstellen.

Rätsel entschlüsselt

Die Wissenschaft rätselt seit Jahren, wie der Malariaparasit die Entscheidung zwischen asexueller Vermehrung und der Herstellung übertragbarer Gametozyten reguliert. Forschende der Harvard T.H. Chan School of Public Health, der Harvard Medical School und der University of Glasgow mit Beteiligung des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH) zeigen nun: Eine Schlüsselrolle bei diesem Prozess spielt das vom Menschen produzierte Molekül Lysophosphatidylcholine, kurz LPC.

Das Molekül hilft dem Parasiten, neue Zellmembranen zu produzieren und sich zu vermehren. Ist die Konzentration von LPC im menschlichen Blut gering, wird dies vom Parasiten erkannt und er ändert seine Strategie: Anstatt sich zu vermehren, wechselt er ins übertragbare Gametozyten-Stadium über.

«Wickelt kein festes Programm ab»

«Dieses Ergebnis hat uns überrascht», sagt Nicolas Brancucci, seit Juni wissenschaftlicher Mitarbeiter am Swiss TPH. Er ist der Erstautor der Studie, die am 9. November in der Fachzeitschrift «Cell» veröffentlicht wurde. «Zum ersten Mal überhaupt konnten wir beweisen, dass der Malariaparasit im menschlichen Körper nicht ein festes Programm abwickelt, sondern flexibel auf die Umwelteinflüsse reagiert», so Brancucci.

Die Forschenden gehen davon aus, dass der Parasit dank LPC erkennt, wie gross die Anzahl der Parasiten im Blut ist und wie stark die Erkrankung im Menschen. «Diese beiden Indikatoren sind entscheidend für den Parasiten, um den Wechsel ins infektiöse Gametozyten-Stadium zu regulieren und dadurch die Übertragung von Mensch zu Mensch sicherzustellen», erklärt der Molekularbiologe.

«Ein essentieller Schritt»

Die Erkenntnisse der «Cell»-Studie sind ein wichtiger Meilenstein im Kampf gegen Malaria: Denn könnte man den Parasiten daran hindern, Gametozyten zu bilden, liesse sich die Übertragung der Tropenkrankheit stoppen. «Die Entschlüsselung der von LPC regulierten molekularen Mechanismen stellt einen essentiellen Schritt in Richtung dieses grossen Ziels dar», so Till Voss, Leiter der Unit Genregulation am Swiss TPH und Co-Autor der Studie.

Nicolas Brancucci

Nicolas Brancucci

Tenure Track Assistant Professor, Swiss TPH Person of Trust, Dr.

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie alle aktuellen Nachrichten aus der Forschung und über unsere Projekte, Kurse und Veranstaltungen.