Forschende des Swiss TPH und Partner haben die häufigsten Todesursachen bei älteren Menschen (75 Jahre und älter) in der Schweiz untersucht. Die Studie zeigt, dass der Wohnort älterer Menschen einen Einfluss auf ihr Gesundheitsrisiko hat. In den französisch- und italienischsprachigen Regionen ist die Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes niedriger als in den deutschsprachigen Regionen. Allerdings sind diese Regionen auch mit höheren Raten bestimmter Krebsarten konfrontiert. Die Ergebnisse, die heute im «Swiss Medical Weekly» veröffentlicht wurden, können politischen Verantwortlichen helfen, Ressourcen besser zu verteilen und das Bewusstsein für bestimmte Gesundheitsrisiken zu schärfen.

Räumliche Verteilung der Todesursachen durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Bevölkerung im Alter von 75 Jahren und älter für den Zeitraum zwischen 2015 und 2019. Standardisierte Sterblichkeitsraten (SMR), bereinigt um Alter und Geschlecht.
Die Studie präsentiert den ersten Mortalitätsatlas der älteren Bevölkerung in der Schweiz. Er enthält detaillierte Karten mit den wichtigsten Todesursachen in der Altersgruppe 75 Jahre und älter für alle Gemeinden in der Schweiz im Zeitraum von 2010 bis 2020. Mit Hilfe der Bayes'schen räumlichen Modellierung haben die Forschenden untersucht, wie sich die Todesursachen je nach geografischer Region unterscheiden und welchen Einfluss Faktoren wie Sprachregion, Urbanisierung und Einkommen haben. Der Mortalitätsatlas wurde heute im «Swiss Medical Weekly» veröffentlicht.
Zwischen 2010 und 2020 gab es in der Schweiz fast 520’000 Todesfälle in der älteren Bevölkerung ab 75 Jahren. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere Herzerkrankungen, sind die häufigste Todesursache in dieser Altersgruppe, gefolgt von Krebserkrankungen, wobei Lungenkrebs bei Männern und Brustkrebs bei Frauen die meisten Todesfälle verursachen.
Mortalitätsunterschiede nach Region
Die Sterblichkeitsrate aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. Herzerkrankungen, Diabetes und Bluthochdruck) war in der französischsprachigen Schweiz um 16 % niedriger als in der deutsch- und italienischsprachigen Schweiz. «Zu den Faktoren, die das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wahrscheinlich beeinflussen, gehören der Lebensstil, die Urbanisierung und die Aufklärung über Krankheitsrisiken», sagt Taru Singhal, Erstautorin der Publikation und Doktorandin am Swiss TPH. In der deutschsprachigen Schweiz ist der Anteil übergewichtiger Menschen höher als in der französisch- und italienischsprachigen Schweiz. Übergewicht ist ein wichtiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und trägt wahrscheinlich zu den regionalen Unterschieden in der Sterblichkeit bei. Darüber hinaus ist das Bewusstsein für Bluthochdruck in den französisch- und italienischsprachigen Regionen höher, da dort häufiger Blutdruckuntersuchungen durchgeführt werden, was ebenfalls zur Senkung der Mortalitätsraten beitragen kann.
Mehr Todesfälle durch Leberkrebs in französisch- und italienischsprachigen Gebieten
Die Studie zeigt, dass die Krebssterblichkeit in der ganzen Schweiz ähnlich ist, mit Ausnahme von Leberkrebs. In den italienischsprachigen Regionen war die Sterblichkeitsrate fast doppelt so hoch wie in den deutschsprachigen Regionen, in den französischsprachigen Regionen fast 40% höher. Dies könnte auf den höheren Alkohol- und Tabakkonsum in diesen Regionen zurückzuführen sein, beides Risikofaktoren für Leberkrebs.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Im Jahr 2020 trat COVID-19 als neue Todesursache auf, und in jenem Jahr wurden die meisten Todesfälle registriert. Die COVID-19-bedingte Sterblichkeit war in den deutschsprachigen Regionen um 6 bis 7% niedriger. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass in diesen Regionen die Bereitschaft zur Befolgung von Massnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens, wie das Tragen von Masken und die Einhaltung von Abstandsregeln, grösser war, was zu niedrigeren Übertragungsraten und letztlich zu niedrigeren Sterblichkeitsraten führte.
Sozioökonomische Faktoren
Sozioökonomische Faktoren wie Einkommen, Bildung und Wohnort sind wichtige Determinanten der Gesundheit und können die geografischen Unterschiede bei den Todesursachen weiter erklären. Im Allgemeinen haben Menschen mit höherem Einkommen niedrigere Sterblichkeitsraten, während Menschen mit niedrigerem Einkommen eher chronische Krankheiten entwickeln und weniger Zugang zu Gesundheits- und Präventionsdiensten haben.
Der Mortalitätsatlas ermöglicht ein besseres Verständnis darüber, wo Gesundheitsleistungen am dringendsten benötigt werden, und ermöglicht gezieltere Gesundheitsmassnahmen für die alternde Bevölkerung der Schweiz. «Das Wissen um die geografische Verteilung der ursachenspezifischen Mortalitätsraten, insbesondere in der älteren Bevölkerung, kann Ärztinnen, Pflegenden, Gesundheitsfachleuten und politischen Entscheidungsträgern helfen, Ressourcen effizienter einzusetzen», sagt Penelope Vounatso, Letztautorin der Publikation und Leiterin der Einheit «Biostatistics» am Swiss TPH.
Über die Studie
Die Studie wurde vom Schweizerischen Nationalfonds im Rahmen des Projekts INSPIRE finanziert, das vom Institut für Pflegewissenschaft der Universität Basel geleitet wird und sich mit der Umsetzung eines integrierten gemeindenahen Versorgungsprogramms für zu Hause lebende ältere Menschen befasst.
Contact

Penelope Vounatsou
PD, PhD
Group Leader, Head of Unit
+41612848109
penelope.vounatsou@swisstph.ch