Neue Behandlung von parasitären Wurminfektionen beim Menschen erweist sich als hochwirksam

17.05.2023

Ein neuer Arzneimittelkandidat zeigt vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung para-sitärer Wurminfektionen. Forschende des Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Instituts (Swiss TPH) testeten die Wirksamkeit und Sicherheit von Emodepsid gegen die drei wichtigsten durch den Boden übertragenen Helminthen auf der Insel Pemba in Tansania. Emodepsid ist der erste vielversprechende Wirkstoff zur Bekämpfung parasitärer Wurminfek-tionen seit mehreren Jahrzehnten. Das Swiss TPH wird nun gemeinsam mit Bayer an der weiteren Entwicklung des Medikaments arbeiten.

Foto: Swiss TPH

Bodenübertragene Helmintheninfektionen werden durch verschiedene Arten von parasitären Würmern verursacht, zu denen Peitschenwürmer, Hakenwürmer und Spulwürmer gehören. Mehr als 1,5 Milliarden Menschen weltweit sind mit mindestens einem bodenübertragenen Helminthen infiziert, der Grossteil der infizierten Bevölkerung lebt in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.

Bei den Betroffenen können Symptome wie Bauchschmerzen, Durchfall und Anämie auftreten, während schwere Infektionen zu Unterernährung und Beeinträchtigungen des Wachstums und der körperlichen Entwicklung führen können. In schweren Fällen kann es sogar zu einem Darmverschluss kommen, der operativ behandelt werden muss.

Für die Behandlung von bodenübertragenen Helmintheninfektionen stehen sichere Medikamente zur Verfügung, deren Wirksamkeit jedoch sehr unterschiedlich ist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt derzeit Behandlungen mit Albendazol und Mebendazol. Bei der Behandlung des Peitschenwurms Trichuris trichiura ist die Gabe von einer Dosis dieser Medikamente jedoch nur bei 17 % der infizierten Personen erfolgreich, wie diese Studie des Swiss TPH zeigt. Ausserdem werden aufgrund der zunehmenden Medikamentenresistenz dringend neue Behandlungsalternativen benötigt.

Alle behandelten Personen geheilt

Für diesen ungedeckten Bedarf nach Anthelminthika haben Forschende am Swiss TPH nun Emodepsid im Rahmen einer Phase-IIa-Studie erstmals an Menschen eingesetzt, die mit bodenübertragenen Helminthen infiziert sind.

«In dieser Studie zeigte Emodepside hohe Heilungsraten für alle drei bodenübertragenen Helminthen», sagte Emmanuel Mrimi, Doktorand und Erstautor der Studie. Mit der niedrigsten getesteten Dosis (5 mg Emodepsid) konnten 83 % der mit dem Peitschenwurm infizierten Personen erfolgreich geheilt werden. «Eine auf 15 mg erhöhte Gabe von Emodepsid bewirkte bei allen Personen eine vollständige Heilung. Mit den bisherigen Anthelminthika ist die Heilung von Menschen, die mit dem Peitschenwurm infiziert sind, nicht möglich.» Weiterhin wurde auch eine hohe Wirksamkeit bei der Bekämpfung von Spulwürmern und Hakenwürmern festgestellt.

«Das Medikament zeigt auch andere wichtige Eigenschaften. Es ist gut verträglich und die meisten unerwünschten Nebenwirkungen in der Studie waren mild», sagte Mrimi. Die Ergebnisse wurden heute in der renommierten Fachzeitschrift New England Journal of Medicine veröffentlicht.

Von der Innovation zur Anwendung

Emodepsid ist ein Anthelminthikum, das bisher in der Veterinärmedizin eingesetzt wurde. «Das sogenannte Repurposing von Medikamenten ist eine Schlüsselstrategie der Forschung für die Entdeckung und Entwicklung von Anthelminthika, die jedoch vernachlässigt und nicht ausreichend finanziert wird», so Jennifer Keiser, Leiterin der Einheit «Helminth Drug Development». «Die meisten umgewidmeten Medikamente haben ihren Ursprung in der Veterinärmedizin.» Das Swiss TPH hat das Arzneimittel bereits in Laborstudien getestet. «Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse im Labor sahen wir das Potenzial für die Behandlung von Personen, die mit bodenübertragenen Helminthen infiziert sind», sagte Jennifer Keiser. Aus diesem Grund wurde das Arzneimittel weiterentwickelt. «Die jüngsten Ergebnisse der klinischen Studien sind wichtige und ermutigende Nachrichten auf dem Gebiet der vernachlässigten Tropenkrankheiten. In den letzten Jahrzehnten wurde kein neues Anthelminthikum entwickelt. Daher ist diese Studie ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Eindämmung und Eliminierung von bodenübertragenen Helminthiosen.»

Das Swiss TPH wird nun gemeinsam mit dem Pharmakonzern Bayer an der weiteren Entwicklung des Medikaments arbeiten. «Unser Ziel ist die Zulassung des Medikaments für die Verabreichung an Menschen, damit es in Zukunft bedürftigen Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht», so Keiser.

Über die Studie

Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Public Health Laboratory Ivo de Carneri (PHL-IdC) auf der Insel Pemba in Tansania durchgeführt. In die Studie wurden insgesamt 442 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aufgenommen, die mit einem oder mehreren der drei wichtigsten bodenübertragenen Helminthen Trichuris trichiura (Peitschenwurm), Hakenwurm und Ascaris lumbricoides (Spulwurm) infiziert waren. Die Studienteilnehmer und Studienteilnehmerinnen wurden dann nach dem Zufallsprinzip in Behandlungsgruppen aufgeteilt, die Emodepsid, Albendazol oder Placebo erhielten.

Jennifer Keiser

Jennifer Keiser

Associate Professor, PhD

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