Swiss TPH Symposium: Frauen und Gender in der globalen Gesundheit

20.11.2024

Heute, am 20. November 2024, organisiert das Swiss TPH in Allschwil bei Basel ein Symposium mit dem Titel „Women and Gender in Global Health“. Das Symposium bringt rund 160 Expert*innen aus Wissenschaft, öffentlicher Verwaltung, internationalen Organisationen und dem Privatsektor zusammen. Ziel des Symposiums ist es, Erkenntnisse auszutauschen und innovative Lösungen zu entwickeln, um die Gesundheit und das Wohlbefinden von Frauen und Mädchen weltweit zu verbessern.

In einer engagierten Sitzung zum Thema Gerechtigkeit in der Menstruationsgesundheit sprach Lucy Khofi von der Universität Witwatersrand über den Aktivismus für Menstruationsgesundheit in Südafrika. (Foto: V. Busson/Swiss TPH)

Frauen sind weltweit mit ungleichen Bedingungen konfrontiert, wenn es um ihre Gesundheit geht. Einerseits verhindern soziokulturelle Faktoren wie ungleiche Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen, ungleiche Bildungs- und Einkommenschancen sowie geschlechtsspezifische Gewalt häufig den Zugang von Frauen zu qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung. Andererseits gibt es eine grosse Forschungslücke in der Gender-Medizin. Viele medizinische Studien beziehen sich immer noch überwiegend auf den männlichen Körper und vernachlässigen entscheidende biologische und immunologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Das hat zur Folge, dass Behandlungen, die bei Männern wirken, bei Frauen möglicherweise nicht so gut anschlagen

Für Gleichberechtigung im Gesundheitsbereich

Um diese Herausforderungen anzugehen, organisiert das Swiss TPH heute ein Symposium mit rund 160 Expert*innen. Ziel ist es, zu untersuchen, wie geschlechtsspezifische Perspektiven besser in die globale Gesundheitsforschung, -politik und -praxis integriert werden können. Pernille Fenger, Direktorin des Genfer Vertretungsbüros des United Nations Population Fund, eröffnete das Symposium und betonte die Notwendigkeit von Veränderungen und die Bedeutung von Partnerschaften: «Frauen und Mädchen verdienen eine Zukunft, in der ihre Stimmen gehört und ihr Recht auf körperliche Selbstbestimmung uneingeschränkt respektiert wird. Gemeinsam können wir Herausforderungen angehen, die Gleichstellung der Geschlechter fördern und eine Welt schaffen, in der niemand zurückgelassen wird.»

In sechs Parallelveranstaltungen diskutierten die Teilnehmer*innen ein breites Spektrum von Themen im Zusammenhang mit Frauen und Gender in der globalen Gesundheit:

Biologische Unterschiede

Die gesundheitlichen Folgen unterscheiden sich zwischen Männern und Frauen, von der Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten bis hin zu unterschiedlichen Symptomen, Krankheitsverläufen und Behandlungserfolgen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass biologische und immunologische Unterschiede in der Forschung, Politik und Umsetzung berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass neue Behandlungen wirksam und zugänglich sind. Ebenso müssen Präventionsstrategien integrativ sein und die unterschiedlichen Gesundheitsrisiken von Frauen berücksichtigen.

Gender und «One Health»

Das Geschlecht sollte bei der Behandlung von Infektionskrankheiten und nicht übertragbaren Krankheiten besser berücksichtigt werden. Dies wird am Beispiel von „One Health“ deutlich – der Schnittstelle zwischen der Gesundheit von Menschen, Tieren und der Umwelt. «Geschlechterungleichheiten behindern eine wirksame Prävention, Vorsorge und Reaktion auf Epidemien. Für eine optimale Gesundheit ist es daher unerlässlich, den Genderaspekt in den ‚One Health‘-Ansatz zu integrieren», sagt Salome Bukachi, Professorin für Anthropologie, Gender und Afrikastudien an der Universität Nairobi.

Krebsprävention und –versorgung

Gebärmutterhalskrebs ist die häufigste Krebstodesursache bei Frauen in Afrika südlich der Sahara, obwohl die Krankheit durch Impfungen, Vorsorgeuntersuchungen und rechtzeitige Behandlung von Krebsvorstufen vollständig vermeidbar wäre. «Jeder Todesfall durch Gebärmutterhalskrebs ist ein Zeichen dafür, dass unsere Gesundheitssysteme die Frauen nicht schützen können, obwohl wir die Lösungen kennen», sagt Mazvita Muchengeti vom Nationalen Krebsregister in Südafrika. Sie fordert umfassende Strategien zur Krebsprävention und -versorgung, die auf die Bedürfnisse von Frauen zugeschnitten sind.

Menstruation und Gesundheit

Lebensphasen von Frauen wie die Menstruation und die Wechseljahre werden oft stigmatisiert, was zu negativen körperlichen, sozialen und psychischen Auswirkungen führen kann. Die Forschung zu Menstruationsgesundheit und -produkten sowie zu den Wechseljahren ist nach wie vor begrenzt. «Es ist von entscheidender Bedeutung, das Bewusstsein zu schärfen und die Unterstützung von Gesundheitspersonal, Arbeitgebern, und Männern für eine bessere Menstruations- und Wechseljahrgesundheit zu fördern», sagte Janet Michel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Swiss TPH.

Geschlechtsspezifische Gewalt

Gesundheitssysteme spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung oder Bekämpfung von Geschlechterungleichheiten. Am Symposium reflektieren die Teilnehmenden kritisch darüber, wie Gesundheitssysteme gesellschaftliche Normen verstärken, die geschlechtsspezifische Gewalt aufrechterhalten. Um Gesundheitssysteme in Räume der Sicherheit und Gleichberechtigung zu verwandeln, ist ein intersektioneller Ansatz erforderlich, der sicherstellt, dass Gewaltopfer die nötige Unterstützung erhalten und das Gesundheitspersonal in einem gerechten Umfeld arbeitet.

Gesundheitsversorgung für Mütter

Im Zusammenhang mit der Gesundheit von Müttern wurde die Bedeutung innovativer Ansätze in Bezug auf digitale Lösungen für Diagnose und Behandlung sowie Finanzierungsmethoden zur Sicherstellung des Zugangs zu hochwertiger Versorgung in ressourcenarmen Umgebungen hervorgehoben. Diese Bemühungen sind von entscheidender Bedeutung für die Verbesserung der Gesundheit und zum Erreichen von Nachhaltigkeitsziel 3 (SDG 3) für Gesundheit und Wohlbefinden.

Von der Forschung zur Politik

Am Nachmittag werden die Teilnehmenden an konkreten Lösungen in den Bereichen Forschung, Politik und Umsetzung arbeiten. «Durch die Zusammenführung unterschiedlicher Perspektiven und Fachkenntnisse aus verschiedenen Bereichen und Ländern wollen wir konkrete Massnahmen zur Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Frauen und Mädchen auf der ganzen Welt entwickeln», sagte Sonja Merten, Leiterin der Einheit «Society, Gender and Health» am Swiss TPH.

Sonja Merten

Sonja Merten

MD, PD, PhD, MPH, Prof.

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie alle aktuellen Nachrichten aus der Forschung und über unsere Projekte, Kurse und Veranstaltungen.